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Die Welt der Wortspiele und rhetorischen Figuren

Englisch klingt lässig, Französisch elegant und Spanisch feurig. Was aber ist mit der deutschen Sprache? Ist sie wirklich ebenso trocken und farblos, wie man es dem ganzen deutschen Volk manchmal nachsagt? Komiker, Publizisten und Politiker wissen es besser. Sie bedienen sich so genannter rhetorischer Figuren, um bestimmte Effekte zu erzielen, Meinungen zu beeinflussen oder einfach Leute zu erheitern. Wer die Spielereien der deutschen Sprache beherrscht, kann auf seine Mitmenschen schlagfertig, gebildet und humorvoll wirken.

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Eine der am häufigsten im täglichen Sprachgebrauch angewandten Rhetorik-Figuren ist das Akronym. Der aus griechischen Silben zusammengefügte Begriff lässt sich am ehesten als Buchstabenwort oder Initialwort übersetzen. Man versteht darunter eine Sonderform der Abkürzung, die zu neuen Kurzwörtern führt. Beispiele dafür sind NASA, NATO oder die Kurzformen von Namen und Begriffen: Sandra statt Alexandra, Lisa statt Elisabeth, Foto statt Fotografie sowie Rad statt Fahrrad.

Sehr weit verbreitet sind Akronyme jedoch auch im Wirtschaftsleben, wenn es gilt, griffige Markennamen zu finden. Witzbolde nutzen diese Sitte gern, um die Akronyme bestimmter Automarken völlig neu zu deuten. Aus BMW wird dann beispielsweise „Bei Mercedes weggeschmissen“, während „Müll auf zwei drehenden Achsen“ die Alternativdeutung für den Mazda ist, welchem man in den 1980er Jahren noch ganz andere Dinge andichtete: „Mein Auto zerstört deutsche Arbeitsplätze“. Dem Auto-Akronym Fiat wiederum sagen Spötter „Fehler in allen Teilen“ nach, beziehungsweise, dass es sich um „Für Italiener ausreichende Technik“ handle.

Unter den rhetorischen Figuren, die das Gegenteil einer Verkürzung beinhalten, gibt es jede Menge Möglichkeiten für Wortspielereien. Beispielsweise bezeichnet man die Verbindung klangähnlicher Worte mit unterschiedlicher Bedeutung als Paronomasie. Dadurch entstehen so bekannte Phrasen wie: „Wer sich auf den verlässt, ist verlassen“ oder „Lieber arm dran, als Arm ab“. In diesen Bereich gehört auch die Gruppe der Teekessel-Wörter:

„Heute gibt es Wahlessen.“ „Tatsächlich? Blauwal oder Pottwal?“ Seit Jahrzehnten findet dieser müde Kalauer in verschiedenen Varianten immer wieder Freunde unter deutschen Lokalbesuchern. Er basiert auf der phonetischen Verwechslung von Wahl und Wal, einem der populärsten Beispiele sogenannter Teekessel(chen)-Wörter. Im Alltag führen sie gelegentlich zu Missverständnissen. Für Komiker hingegen sind Teekessel-Wörter ein wichtiger Bestandteil ihres humoristischen Sprachschatzes. Man denke nur an den legendären Heinz Erhardt: „Das Leben beginnt auf alle Fälle in einer Zelle. Doch manchmal endet’s auch, bei Strolchen, in einer solchen ...“

Auf den ersten Blick ist der Begriff Teekessel selbst kein Wort mit besonderem Verwechslungspotenzial. Woher haben die Teekessel-Wörter also ihren Namen? Die Spurensuche gestaltet sich schwierig, denn eine logische Verbindung scheint das heutige Deutsch nicht anzubieten.

Vermutet wird, dass der Begriff aus dem Englischen stammt, denn die Briten kennen das hierzulande als Teekesselchen-Raten bekannte Spiel unter der Bezeichnung „teapot“. Korrekt übersetzt würde dies allerdings „Teekanne“ bedeuten. Offenbar hatten die Briten im 19. Jahrhundert die Angewohnheit, die Lösung ihres mehrdeutigen Rätselworts in einem Teekessel (oder der Teekanne?) zu verstecken ...

Doch auch die deutsche Sprache bietet einen möglichen Lösungsansatz. In früheren Zeiten nannte man einen Dummkopf auch „Teekessel“, vielleicht in Anspielung auf das hohle Innere. Da ein solch begriffsstutziger Mensch mehrere Umschreibungen und Erklärungen benötigt, könnte sich dieser Umstand zum Namenspatron des Teekessel-Spiels entwickelt haben.

Die Durchführung eines Teekessel-Spiels ist denkbar einfach, denn man benötigt keine aufwändigen Vorbereitungen und auch kein kompliziertes Regelwerk. Lediglich Sprachkenntnis, Logik und Spaß am Rätseln sind erforderlich: Jeweils ein Teilnehmer nennt den Mitspielern einen rätselhaften Satz, bei welchem der gesuchte Begriff durch das Wort „Teekesselchen“ ersetzt wird. Zum Beispiel: „Mein Teekesselchen ist Teil eines rötlichen Tieres und kann Holz trennen.“ (Lösungswort: Fuchsschwanz).

Eine andere Spielvariante besteht darin, dass mehrere Personen einem Mitspieler abwechselnd Hinweise geben, bis dieser den Begriff erraten hat: 

  • Person 1: Mein Teekesselchen ist ein Verkehrsmittel.
  • Person 2: Mein Teekesselchen verwendet man bei einem Brettspiel.
  • Person 3: Mein Teekesselchen sorgt für Erkältungen.
  • Person 4: Mein Teekesselchen ...

  (Lösungswort: Zug)

Das eingangs erwähnte Beispiel vom Wal und der Wahl ist streng genommen kein echtes „Teekesselchen“, weil es sich hier lediglich um eine klangliche Gleichheit zweier verschiedener Begriffe handelt. Als wirkliche Teekessel-Wörter gelten in der Regel nur Substantive mit mehrfacher Bedeutung. Das Verb wachsen beispielsweise ist daher trotz seiner Doppeldeutigkeit (der biologische Vorgang oder „etwas mit Wachs polieren“) kein Teekessel-Wort. Der Sinn dieser Regel erschließt sich, sobald man einen Blick auf die Unterteilung der deutschen Sprache wirft: Unter deren zehn Wortarten besitzen einzig die Substantive das Potenzial zur Doppeldeutigkeit bei gleichzeitiger Immunität gegen grammatikalische Veränderungen. Doch obwohl sich die Teekesselchen somit auf eine einzige Wortgruppe beschränken, bietet die deutsche Sprache dennoch genügend Begriffe für stundenlangen Spaß am Teekessel-Spiel.

Teekesselchen – Die Familienedition

Wortwiesel 

Krazy Wordz

Wird derselbe Sinn gleich mehrfach erklärt, liegt ein so genannter Pleonasmus vor. Diese rhetorische Figur kann für den Sprecher peinlich werden, sobald sie hinterfragt wird. Wenn ein Politiker beispielsweise von den Vorzügen der Volksdemokratie schwafelt, muss er sich fragen lassen, ob es Demokratie auch ohne Volk gibt. Immerhin bedeutet Demokratie übersetzt ja bereits „Volksherrschaft“. Weitere Beispiele für Pleonasmen sind Geheimversteck, Rückstau, Ausgangsvoraussetzung, Rückerinnerung, Zusammenaddieren oder die viel bemühte Vokabel vorprogrammiert.

Quasi das Gegenteil der Pleonasmen sind die Oxymora. Darunter versteht man Worte oder Wortgruppen, die sich selbst widersprechen: Wenn ein Statistiker als offenes Geheimnis verkündet, dass beim Handel mit Flüssiggas ein Minuswachstum verzeichnet wurde, dann hat der alte Knabe damit vor allem eines erreicht: Diese Aussage enthält genau vier widersprüchliche Begriffe:

  • Ein Knabe kann nicht alt sein.
  • Ein Wachstum bedeutet stets Vermehrung, während Minus eine Verminderung darstellt.
  • "Flüssig" und "gasförmig" sind zwei Aggregatszustände, welche niemals gleichzeitig vorkommen.
  • Öffentlich bekanntes Wissen ist kein Geheimnis mehr.

 Die oben genannten Beispiele gehören alle zur Gruppe der sogenannten Oxymora. Oxys bedeutet soviel wie „scharf(sinnig)“. Moros ist der griechische Begriff für „dumm“. Wörtlich übersetzt charakterisiert ein Oxymoron also etwas „Scharfsinnigdummes“. Nach dieser Definition stellt der Begriff „Oxymoron“ also selbst bereits ein Oxymoron dar.

Eine enge Artverwandtschaft besteht zu den Paradoxa. Der kleine, aber feine Unterschied: Ein Oxymoron bezieht sich auf Begriffskombinationen und -gruppen. Ein Paradoxon hingegen kann auch durch ganze Sätze oder längere Aussagen gebildet werden, ohne dabei ein einziges Oxymoron zu verwenden. Die folgenden drei Sätze sind besonders deutliche Beispiele für Paradoxa, denn sie erzeugen unauflösbare Widersprüche zu sich selbst, ohne dabei ein Oxymoron zu beinhalten:

  • Nichts ist absolut.
  • Ich lüge immer.
  • Dieser Satz ist falsch.

Allerdings müssen Oxymora nicht zwangsläufig einen echten Widerspruch darstellen. Oftmals bezieht sich die enthaltene Gegensätzlichkeit lediglich auf die wörtliche Bedeutung der verwendeten Einzelbegriffe. Deren Kombination hingegen erzeugt einen neuen Sinn mit umgangssprachlich allgemeinverständlicher Bedeutung. Dazu zählen:

Beredtes Schweigen. Diese oft poetisch verwendete Formulierung bedeutet, dass in bestimmten Situationen eben auch das Schweigen zu Erkenntnissen führen kann. Für sich genommen jedoch sind beide Begriffe natürlich gegensätzlich.

Virtuelle Realität. Virtuelle Darstellungen sind eigentlich niemals real. Erzeugt aber eine künstlich geschaffene Situation eine Art „zweite Wirklichkeit“, dann lässt sich dies eben am besten durch das Oxymoron „virtuelle Realität“ beschreiben.

Vorläufiges Endergebnis. Dieser Klassiker unter den Oxymora entstammt der Wahlberichtserstattung. Obwohl ein Endergebnis den Schlusspunkt darstellt und daher niemals vorläufig sein kann, hat das Begriffspaar eine gewisse Berechtigung, denn schließlich ist auch ein vollständig ausgezähltes Wahlergebnis noch juristisch anfechtbar.

Doppelhaushälfte. Hier wird der nur scheinbare Widerspruch besonders deutlich. Eigentlich sind "Doppel" und "Hälfte" klar gegensätzliche Begriffe. Kombiniert mit "Haus" jedoch bezeichnet das Wort die Hälfte zweier aneinandergebauter Häuser und erzeugt damit eine begriffliche Abgrenzung zum Einzelgebäude. Immobilienmakler dürften daher auch zukünftig wohl kaum auf die abstruse Wortschöpfung "Doppelhaushälfte" verzichten.

Zu den streng genommen nicht ganz korrekten Oxymora zählen auch Begriffe, deren Widersprüchlichkeit vor allem ideologisch begründet ist. So bilden beispielsweise die Substantive "Frieden" und "Kämpfer" keinen direkten Gegensatz. Zum Begriff Friedenskämpfer kombiniert, lösen sie allerdings bei aktiv denkenden Bürgern durchaus Skepsis aus. Denn wer Frieden erreichen will, indem er andere Menschen bekämpft, ist nun mal nicht sonderlich glaubhaft ...

Nicht anders verhält es sich mit dem Kriegsrecht. Gemeint ist eigentlich die juristische Bewertung einer im Krieg begangenen Handlung. Doch der Krieg selbst stellt eben in den Augen vieler Menschen grundsätzlich ein Unrecht dar. Die Kombination von "Krieg" und "Recht" ist somit zumindest ideologisch ein Oxymoron.

Ähnlich ergeht es auch der freiheitlichen Ordnung. Bereits diese beiden Begriffe bergen ein gewisses Potenzial an Gegensätzlichkeit in sich, denn Ordnung ist im Grunde genommen nichts anderes, als die Begrenzung der totalen Freiheit. Verwendet man freiheitliche Ordnung dann auch noch in Verbindung mit dem (die Freiheiten massiv einschränkenden) Anti-Terror-Kampf, dann ergibt sich daraus das vermutlich deutlichste Beispiel für ein ideologisch begründetes Oxymoron.

Richtig interessant wird es für Wortspieler jedoch erst, sobald die Buchstaben eines Wortes ihren angestammten Platz verlassen. Auf diese Weise entstehen unter anderem so genannte Schüttelreime, die allerdings nicht immer niveauvolle Resultate erzielen:

  • Als sie sprach, ich platze gleich, wurde seine Glatze bleich.
  • Siegfried trank mit Hagen Saft, da rülpsten beide sagenhaft.
  • Es war einmal ein braver Hai, der fraß statt Menschen Haferbrei.

Ebenfalls auf der Vertauschung von Buchstaben basieren die Anagramme, welche oftmals zur Bildung von Pseudonymen benutzt wurden. Beispielsweise verwendete im 17. Jahrhundert der Autor Christoffel von Grimmelshausen das Anagramm German Schleifheim von Sulsfort. Große Beliebtheit erlangten Anagramme im Orient sowie im Mittelalter, als ihnen bisweilen eine mystische Bedeutung zukam. Ein bekanntes Beispiel dafür ist die biblische Pilatus-Frage „Was ist Wahrheit?“ (Quid est veritas), welche von kirchlichen Denkern als Anagramm für „Es ist der anwesende Mensch“ ( Est vir qui adest), also Christus, gewertet wurde.

Eine völlig andere Form des Durcheinanders wird durch Palindrome („rückwärts laufend“) praktiziert. Die Buchstaben verbleiben zwar an ihrem Platz. Doch ein Begriff (Wortpalindrom) oder ein Satz (Satzpalindrom) lässt sich manchmal auch rückwärts lesen und ergibt damit den gleichen beziehungsweise einen anderen Sinn. Beispiele für Wortpalindrome sind Anna, Otto, Rentner, Tor, Reliefpfeiler, Lagerregal, Reittier und Rotor. Bekannte Beispiele für Satzpalindrome lauten:

  • „Bei Liese sei lieb“
  • „Ein Esel lese nie“.

  Ganz raffinierte Wortspieler treiben diese Buchstaben-Spiegelung schließlich auf die Spitze und bilden so genannte Verspalindrome. Dabei wird ab der Mitte eines Lied- oder Gedichtverses die erste Hälfte spiegelverkehrt wiedergegeben. Angeblich stammt jene Kunst aus einer Zeit, als man noch an die Wirksamkeit von Zaubersprüchen glaubte. Deren Aufhebung gelang demnach nur, indem man sie rückwärts aufsagte. Bei Palindromen jedoch war dies eben nicht möglich...

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